RMS - Rudern macht schlau
Nassau ist zunächst einmal als ein Ort an der Lahn bekannt, wenn auch bestimmt nicht so wie Gießen, Wetzlar oder Limburg.
Die Nassauer gehen auf die Herren von Lipporn (ab 9. Jh., heute PLZ 56357, ca. 20 südlich zwischen St. Goarshausen und Bad Schwalbach) und die Grafen von Laurenburg (11./12. Jh., PLZ 56379) zurück, womit auch geklärt ist, wer in Laurenburg gelebt hat. Die Burg wurde vor einigen Jahren nach längerer Vernachlässigung privat gekauft und wird vom Besitzer bewohnt, um die Erhaltung kümmert sich außerdem ein gemeinnütziger Förderverein. Lipporn wurde seinerzeit an das Kloster Schaffhausen verschenkt. Vermutlich haben die Laurenburger um 1125 in Nassau eine Burg gebaut, um Besitzansprüche zu sichern. Nassau gehörte damals zum Wormser Hochstift. Nachdem ein guter Teil der Familie exkommuniziert wurde, kam es schließlich zur Einigung, die Laurenburger namen Nassau als Lehen und nannten sich Grafen von Nassau.
1255 teilten die Brüder Walram II. und Otto I. die Grafschaft, Otto nahm den Teil nördlich der Lahn (Westerwald), Walram den südlich (Taunus). Ihr Vater hatte gute Beziehungen zu den Staufern (Kaiser Barbarossa) und die Ländereien bedeutend vergrößert.
Die ottonische Linie spaltete sich im nächsten Jahrhundert nach und nach in die dillenburger (356xx), hadamarer (65589) und siegener (570xx), beilsteiner (zu 35753 Greifenstein), liebenscheider (56479) und - durch Heirat aus der dillenburger Linie - bredaer (Niederlande, heute Provinz Noord Brabant) Linien auf, die letzten drei fielen mehrmals an das Stammhaus zurück. Diez (65582) kam durch Heirat zu den Nassauern. Schließch wurde die bredaer Linie 1516 eigenständig. 1530 erbte sie Orange in Südfrankreich an der Rhône, so kamen die Nassau-Oranier in die europäische (und Welt-) Geschichte. Bis auf die diezer (jüngere oranier) Linie verschwanden sie alle im 17. bis 18. Jahrhundert.
Die walramische Linie spaltete sich in die Idstein-Wiesbadener (bis ins 17. Jh.) und die Weilburger auf, letztere gewannen später Saarbrücken hinzu. Die Aufsplitterung brauchte noch weitere Linien hervor. Am längsten von allen nassauischen Linien (außer der von Oranien in den Niederlanden) existierten die Fürsten von Weilburg: bis 1912.
Bedeutend in der Geschichte wurden die Walramer 1292, als sie nach dem Tod Rudolfs von Habsburg Adolf von Nassau statt Albrecht von Habsburg, den Sohn von Rudolf, auf den Thron setzen ließen. Nach einigen Jahren hatten die Kurfürsten ihren König satt und setzten diesen nun zum ersten Mal in der deutschen Geschichte ab und Albrecht ein, der sich sein Recht aber erst erkämpfen musste. Adolf von Nassau fiel 1298 in der letzten großen Ritterschlacht überhaupt. Sein Sohn hieß auch Albrecht und übernahm die Regierung in der walramischen Linie. So endete der einzige deutsche König aus der Familie der Nassauer.
1806 trat Weilburg dem Rheinbund bei und erhielt u. a. die Schaumburg bei Balduinstein und Frücht, aber auch Diez (das den Oraniern gehörte). Die Usinger, ein weiterer walramischer Zweig, stellten den ersten der drei nassauischen Herzöge, Friedrich August. Diez kam 1813 zurück an die Oranier, wurde aber von diesen mit an Preußen abgegeben. 1815 bestätigte der Wiener Kongress das Herzogtum, der Weilburger Wilhelm folgte nach dem Tod seines Verwandten im folgenden Jahr. Und nach dessen Tod kam Adolf an die Macht, offenbar ein Unglücksname, wie man seit 1298 wissen sollte. 1866 stand er an der Seite von Hannover, Kurhessen und Österreich - Preußen gewann, annektierte Nassau, vereinigte es mit Hessen zur Provinz Hessen-Nassau und zahlte Adolf eine Entschädigung. Als später die nassau-oranische Linie auf männlicher Seite ausstarb (1890), wurde Adolf Großherzog von Luxemburg. Später starb auch hier die männliche Linie aus, Luxemburg ging an die Großherzoginnen Marie-Adelheid und Charlotte, dann an deren Sohn Jean.
Wilhelm kämpfte gegen die spanischen Unterdrücker, mit nassauischem Vermögen, jedoch nicht gleich erfolgreich: 1566 begann der erste Aufstand, 1609 erkannte Spanien faktisch die Niederlande an, die jedoch erst 1648 offiziell zur unabhängigen Republik wurden (deshalb: der achtzigjährige Kampf). Trotzdem gilt "Wilhelmus von Nassouwe" als niederländischer Nationalheld und Wegbereiter der unabhängigen Republik, und schon irgendwann zwischen 1568 und 1572 wurde ihm zu Ehren ein Lied gedichtet, das 1932 zur Nationalhymne der Niederlande wurde, zur ältesten der Welt. Wilhelm wurde am 10.07.1584 in Prinsenhof zu Delft von einem Burgunder namens Baltasar Gérard erschossen, zu seinen direkten Nachkommen kehren wir weiter unten noch einmal zurück.
Wilhelmus van Nassouwe
Ben ik, van Duitsen bloed,
Den vaderland getrouwe
Blijf ik tot in den dood.
Een Prinse van Oranje
Ben ik, vrij onverveerd,
Den Koning van Hispanje
Heb ik altijd geëerd.
Die niederländische Nationalhymne besingt also
Fassen wir noch mal ganz knapp zusammen:
Aus der kleinen Grafschaft Laurenburg/Lahn entstammt ein weit verzweigtes Adelsgeschlecht, das zuerst in
Nassau ansässig war, für die Modernisierung der konstitutionellen Monarchie in England
verantwortlich ist, maßgeblich an der Befreiung der Niederlande beteiligt war, und noch heute die
Königinnen der Niederlande und die Großherzöge von Luxemburg stellt.
Dass die Niederländer bei Feiern in ihrem Königshaus viel Orange benutzen, liegt an einer Stadt an der Rhône ca. 20 km oberhalb von Avignon.
Das historische Freiherr-vom-Stein-Denkmal in Nassau wurde ebenso wie ein Großteil der Stadt, die mit ihren Kuranlagen als Lazarett diente, bei zwei Bombenangriffen Anfang 1945 zerstört.
Am Rande sei noch bemerkt, dass das Wort "Nassauer" für einen Schmarotzer sprachlich mit "nass" (wie in nassforsch) verwandt ist und enge Beziehungen zum Jiddischen und der Zigeunersprache hat. Die Nassauer selbst beziehen es allerdings darauf, dass die Universität von Göttingen 1817 Nassauische Landesuniversität wurde. (Nassau, damals gerade Herzogtum geworden, hatte keine eigene Universität.) Das Studium weitab der Heimat, aber dennoch formell im "Inland", wurde mit Stipendien in Form freier Verköstigung unterstützt. Nun sollen damals nassauische Studenten dem Freitisch fern geblieben sein, und andere gaben sich stattdessen als "Nassauer" aus. Ulkig: Auch heute noch - seit 1848 übrigens an allen Hochschulen - zahlt die Stiftung Nassauischer Zentralstudienfonds Stipendien an nassauische Studenten, die vom Regierungspräsidium in Darmstadt (Abt. VIII - Forsten und Naturschutz, Dezernat 69 b) bewilligt werden.
Interessantre Links:
http://rz-home.de/~vstefanm/geschichte_nassau.htm | Zur nassauischen Geschichte allgemein |
http://www.nassau-info.de/geschichte-jb-adolf.htm | Zu König Adolf |
http://www.nassau-info.de/geschichte-jb-teilungen.htm | Zu den dynastischen Teilungen |
http://www.nassau-info.de/geschichte-jb-territorium.htm | Nassauische Terrotorien zu Beginn des 19. Jh. |
http://www.nassau-info.de/geschichte-jb-herzogtum.htm | Zum Herzogtum Nassau |
http://dutchrevolt.leidenuniv.nl/Nederlands/default.htm | Die Revolte der Niederlande, in Niederländisch |
http://www.hoeckmann.de | Allgemein interessante Geschichtsbeiträge |
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